Findom: Wenn Geld Lust macht – und was es braucht, damit es gesund bleibt
- Julian Heinz
- vor 5 Tagen
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Aktualisiert: vor 3 Tagen

Geld hat Macht – und genau darin liegt für manche Menschen ein tief empfundener erotischer Reiz.
Findom, kurz für Financial Domination, ist eine sexuelle Vorliebe aus dem BDSM-Bereich, bei der finanzielle Zuwendung im Zentrum einer Machtbeziehung steht – meist zwischen einem zahlenden Mann und einer dominanten Frau und zwar ohne physische Gegenleistung. Es ist ein Spiel mit Hingabe, Demütigung und Kontrolle – einvernehmlich, intensiv und lustvoll.
Was Außenstehende oft als „komisch“ oder „krank“ abtun, ist für die Betroffenen Teil ihrer sexuellen Identität. Es geht nicht um Zerstörung oder Sucht – sondern um Bedeutung, Nähe und das besondere Knistern, wenn Geld zur Sprache der Lust wird.
Die Formen sind vielfältig: „Tribute“ wie kleine Geschenke, digitale Zahlungsmittel, Bargeldübergaben bei kurzen Treffen oder das Teilen von Online-Banking-Zugängen. Die Kontrolle wird freiwillig abgegeben – das ist der Kick.
Häufig bleibt die Beziehung rein digital. Die „Geldherrin“ (Findomme) inszeniert sich als kühl und fordernd, der Zahlende – das „Zahlschwein“ (Paypig) als unterwürfig und dienend. Gerade diese Rollen sind es, die den Reiz ausmachen – in einem klaren, spielerischen Rahmen.
Doch genau dieser Rahmen kann brüchig werden. Dort, wo klare Absprachen und gegenseitiger Respekt fehlen, beginnt Missbrauch. In vielen Online-Szenen geht es weniger um Spiel, sondern um gezielte Ausnutzung – bis hin zu Erpressung oder finanzieller Abhängigkeit. Der Übergang zwischen Lust und Gefahr ist fließend.
Sie tragen eine besondere Form der Lust in sich, die angenommen und bewusst gelebt werden darf.
Deshalb ist es wichtig, Findom nicht vorschnell zu verurteilen – sondern zu verstehen. Es handelt sich um eine legitime erotische Neigung, die – wie jede andere – Anerkennung verdient. Entscheidend ist, ob sie freiwillig und respektvoll gelebt wird. Menschen mit dieser Vorliebe sind nicht „gestört“. Sie tragen eine besondere Form der Lust in sich, die nicht wegerklärt oder therapiert werden muss – sondern angenommen und bewusst gelebt werden darf.
Weil das Thema mit viel Scham behaftet ist, bleibt es oft im Verborgenen. Viele Betroffene trauen sich nicht, darüber zu sprechen – aus Angst, nicht verstanden oder stigmatisiert zu werden. Dabei verdient auch diese Vorliebe einen offenen, verständnisvollen Blick. Denn eines ist klar: Findom verletzt niemanden – solange es verantwortungsvoll gelebt wird. Doch ohne klare Grenzen und bewussten Umgang kann für die ausübende Person ein erhebliches, mitunter existenzielles Risiko entstehen.
Findom ist mehr als Geld. Es ist Ausdruck von Sehnsucht, Erotik und Selbstverwirklichung – manchmal auch von Leistungsdruck oder dem Wunsch, endlich Kontrolle abzugeben. Und letztlich geht es nicht nur um Zahlen. Es geht um Bedeutung.
Lust ist vielfältig – und das ist auch gut so.
Quellen:
Vortragsreihe "Potential und Risiko" Thema Findom – der erotischer Reiz an Geld; Carina Pflumm
McCracken, R., & Brooks-Gordon, B. (2021). Findommes, Cybermediated Sex Work, and Rinsing. Sexuality Research and Social Policy, 18(4), 837–854.
Gündüz, U., Demirel, S., & Tombul, I. (2023). Exploring the Concept of Financial Domination on Social Media: Sentiment and Text Analysis on Twitter. Atlantic Journal of Communication, 32(4), 602–625.
Danke für diesen erhellenden Artikel. Ich hatte bislang tatsächlich auch eher Vorurteile im Sinne von Missbrauch bzw. Störung. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass es einen Bereich gibt, wo diese Vorliebe auf eine gesunde und einvernehmlich spielerische Art gelebt werden kann.